So viel Leben in einem Tropfen Wasser

Beim Rügen-Urlaub können Kinder als „Urlaubsranger“ aktiv werden – und viel über den Schutz von Umwelt und Natur lernen

Autor*in: Harald Braun
Veröffentlicht: 6. April 2022

Mit den Urlaubsrangern am Strand von Göhren, © TMV/Tiemann

Autor*in: Harald Braun
Veröffentlicht: 6. April 2022

 

„Fridays for Future“ wirkt auch in den Ferien: Die junge Generation geht für den Schutz des Klimas nicht nur in der Schulzeit auf die Straße, sondern interessiert sich auch im Urlaub für das Thema Umwelt. Das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen für Naturschutz und Umweltthemen ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Das passende Angebot für dieses Interesse gibt es im Ostseebad Göhren schon länger. Göhren liegt im östlichsten Teil von Rügen auf der Halbinsel Mönchgut. Das 1165 erstmals urkundlich erwähnte frühere Fischer- und Lotsendorf, dessen Name nicht etwa von ungezogenen Gören kommt, sondern vom slawischen „Gora“ für „Berg“, hat sich seit dem späten 19. Jahrhundert zu einem beliebten Seebad entwickelt. Hier veranstaltet die Kurverwaltung in Zusammenarbeit mit der Agentur „Discover Rügen“ schon seit 2007 das deutschlandweit einzigartige und für Übernachtungsgäste des Ostseebades Göhren auch kostenlose Projekt „Urlaubsranger“: Junge Urlauber, begleitet von fachkundigen Ökologen, setzen ihr Wissen und ihre Begeisterung für die Natur ein, indem sie als „Urlaubsranger“ aktiv sind und dadurch einen wertvollen Beitrag für den Naturschutz in der Region leisten. Eine Win-Win-Situation für Familien beim Rügen-Urlaub mit Kindern: Die Kids haben Spaß und tun dabei auch noch Gutes.

Mal gucken, in welcher Verfassung sich der Waldboden befindet., © TMV/Tiemann

Meeresbiologin Alexandra Hanusch

Von Mozambique über die Malediven zurück an die Ostsee

Im letzten Sommer leitete die Meeresbiologin Alexandra Hanusch dieses Programm. Die Frau, die hier gerade mit Urlaubsrangern Richtung Strand marschiert, wirkt selbst kaum älter als die Mitglieder ihrer Gruppe. Dabei ist Alexandra Hanusch mit ihren 28 Jahren eine studierte und erfahrene Meeresbiologin. Die gebürtige Usedomerin ist gut herumgekommen in der Welt, hat in Bremen und an einigen anderen europäischen Orten studiert, ihren Master in Mozambique gemacht und für den ersten richtigen Job eine Korallenzucht auf den Malediven betreut. Jetzt aber ist sie zurück in der Heimat, um diesen neuen Job zu machen, der ihr persönlich sehr am Herzen liegt. „Man muss die Natur erst einmal verstehen, um sie schützen zu können“, fasst sie das Anliegen ihrer Arbeit zusammen. Und da, räumt Alexandra Hanusch ein, sei noch einiges zu tun. „Es ist zwar aktuell bei den jungen Menschen ein gewisses Interesse vorhanden, gerade auch durch die Fridays for Future-Bewegung. Aber das Detailwissen in den Bereichen Umweltverschmutzung, Klimawandel oder der Überfischung ist durchaus noch ausbaufähig.“ Aus diesem Grund versucht sie in ihrem Programm, Wissenschaft so unterhaltsam wie möglich zu transportieren. „Umweltbildung ist wichtig, da man nur mit der jungen Generation die großen globalen Aufgaben gemeinsam und dauerhaft lösen kann“, davon ist sie überzeugt.

Zwei der Jung-Ranger in Neoprenanzügen und mit Planktonkescher entnehmen Proben aus der wogenden Ostsee., © TMV/Tiemann
Zwei der Jung-Ranger in Neoprenanzügen und mit Planktonkescher entnehmen Proben aus der wogenden Ostsee.
Unter dem Binokular werden in der Wasserprobe Rädertierchen und Wirbellose sichtbar. „Man muss die Natur verstehen, um sie schützen zu können“, sagt Alexandra Hanusch., © TMV/Tiemann
Unter dem Binokular werden in der Wasserprobe Rädertierchen und Wirbellose sichtbar. „Man muss die Natur verstehen, um sie schützen zu können“, sagt Alexandra Hanusch.

Alexandra Hanusch achtet darauf, die Jugendlichen mittels einer gewissen Portion Abenteuer für die Wissenschaft, die Geheimnisse des Meeres und die Natur im Allgemeinen zu begeistern. So lässt sie die Jugendlichen zum Beispiel mit Neoprenanzug und Planktonkescher bewaffnet aus einem Meter Tiefe Wasserproben aus der Ostsee entnehmen. „Mit bloßem Auge kann man gar nichts sehen, aber mit der zehn- bis zwanzigfachen Vergrößerung durch ein Binokular erkennt man schon Mikroplankton, kleine Rädertierchen oder benthische, also am Meeresboden lebende, Wirbellose im Wasser.“

Auch hier im Küstenwald Rügens lässt Alexandra Hanusch die Kids eine Bodenprobe entnehmen.
, © TMV/Tiemann

Unterwegs mit Kindern in Rügens Natur

Vogelzählungen und Robben-Monitoring

Alexandra Hanusch marschiert mit ihren Nachwuchs-Wissenschaftlern aber auch tief hinein in die malerischen Küstenwälder Rügens, um dort Bodenproben zu entnehmen. „Wir wollen den PH-Wert des Bodens bestimmen,“ sagt sie, „und schauen, ob der Boden durch Umweltbelastungen sauer geworden ist.“ Was ebenso zum Programm gehört, sind Aktionen wie das Aufspüren von Fledermausquartieren im Biosphärenreservat Südost-Rügen oder die Erforschung des Lebensraumes von Eidechsen, das Robben-Monitoring oder Vogelzählungen. Fakt ist, dass die jungen Gäste auf diese Weise ganz nebenbei die einzigartige Naturlandschaft von Göhren kennenlernen, die beiden über sieben Kilometer langen Sandstrände und die angrenzenden Wälder und Hügellandschaften der Halbinsel Mönchgut, die vor allem in der Blütezeit zu einem Fest der Farben werden.

Jetzt wird’s bunt: PH-Wert-Bestimmung im Küstenwald auf der Insel Rügen., © TMV/Tiemann

Dass die Region für Alexandra Hanusch – die schon seit ihrer Kindheit ihren Traumberuf Meeresbiologin ansteuerte – ein spannender Arbeitsplatz ist, überrascht nicht weiter. Aber was haben die jungen „Urlaubsranger“ am Ende des Tages davon, dass sie unter dem Mikroskop Rädertierchen oder Mikroplankton gesehen haben? Da lacht Alexandra Hanusch auf und antwortet erst nach einer kleinen Pause: „Naja, das sind natürlich kleine Schritte. Es ist mir erst einmal wichtig, dass sie sehen, wie viel Leben in einem einzigen Tropfen Wasser sein kann. Das weckt ihr Interesse – daraus kann ja der Wunsch entstehen, sich in der Zukunft auch für die Umwelt zu engagieren.“

Schon als Kind wollte sie Meeresbiologin werden., © TMV/Tiemann
Schon als Kind wollte sie Meeresbiologin werden.

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