Caspar David Friedrich in Greifswald

2024 feiert die Hansestadt den 250. Geburtstag ihres berühmtesten Sohnes

Autor*in: Annette Rübesamen
Veröffentlicht: 9. Februar 2023

Die Silhouette von Greifswald aus der Luft und Blick auf die Kirchtürme.

Autor*in: Annette Rübesamen
Veröffentlicht: 9. Februar 2023

Der 1774 in Greifswald geborene Maler hat seine Heimatstadt in einigen seiner schönsten Werke verewigt. Ein Spaziergang zu Wirkungsstätten und Motiven.

Nichts hat sich verändert. Gar nichts.

Ich stehe an der Storchenwiese in Greifswald, ein Stück westlich der Altstadt. Sanft gewelltes Grün im Morgenlicht, weidende Pferde, im Hintergrund die Stadtsilhouette mit den Türmen der drei Kirchen, die in den wolkenlosen Himmel ragen – der knapp 100 Meter hohe Turm des Doms St. Nikolai mit seiner barocken Turmspitze, der gedrungene, wuchtige Turm der Marienkirche und das steile Zeltdach von St. Jacobi. Es ist ein Anblick wie aus längst vergangenen Zeiten. Nur das Tuckern des Rasenmähers, der auf dem Neuen Friedhof hinter mir für Ordnung sorgt, ist ein Indiz dafür, dass mehr als zwei Jahrhunderte vergangen sind, seit Caspar David Friedrich genau dieses Motiv gemalt hat: „Wiesen bei Greifswald“.

Friedrich, der wichtigste Vertreter der deutschen Frühromantik, wurde 1774 in Greifswald geboren. 2024 jährt sich sein Geburtstag zum 250. Mal. Ein wunderbarer Anlass, um die hübsche Hansestadt an der Ostsee zu besuchen und sich auf Friedrichs Spuren zu begeben. Hier wurde der große Maler geboren, hier wuchs er auf, bis er zum Studium an die Kunstakademie nach Kopenhagen und später nach Dresden zog. Doch noch heute ist er in und um die Universitätsstadt äußerst präsent. Ich bin fasziniert, wie leicht es ist, mich bei meinem Spaziergang vorbei an Kaufmannshäusern, Backsteinkirchen und durch liebevoll restaurierte Gassen in Friedrichs Welt zu verlieren. 

in der Caspar David Friedrichs Vater Seifen siedete und Kerzen zog. Sie befindet sich im Keller des Caspar-David-Friedrich-Hauses und kann besichtigt werden., © TMV/Tiemann

Unten wurde Seife gekocht, oben wuchs der junge Friedrich heran

Das beginnt beim Besuch im Caspar-David-Friedrich-Zentrum. Es wurde in Friedrichs Geburtshaus eingerichtet, einem großen, zweistöckigen Backsteingebäude mit dezent verzierter Fassade. Hier wuchsen Caspar David und seine Geschwister auf, Kinder eines Seifensieders und Lichtgießers und seiner Frau, die aus Neubrandenburg hergezogen waren, um in Greifswald eine Werkstatt für die Herstellung von Seife und Talgkerzen zu eröffnen. Die Werkstatt kann heute als Teil der ständigen Ausstellung besichtigt werden; sie liegt in den Kellerräumen. Der mächtige gotische Dom von Greifswald, in dem Caspar David als Kind getauft wurde, liegt gleich gegenüber, nur wenige Schritte vom Friedrichschen Wohnhaus entfernt. Der Innenraum der Kirche ist von beeindruckender Helligkeit erfüllt. Und von kunstvollen Schreinerarbeiten, die Caspar Davids Bruder Christian ausgeführt hat. Pastor Tilman Beyrich zeigt sie mir – und erzählt, dass auch Caspar David selbst als junger Mann Ambitionen in Sachen Kirchendesign gehabt habe, aus denen dann aber nichts wurde. Noch andere interessante Geschichten rund um die Friedrichs weiß der Pastor zu berichten. „Die Seifensiederwerkstatt verströmte durch das Aufkochen von tierischem Talg so üble Gerüche, dass die Kirchengemeinde gegen die Familie Friedrich vor Gericht zog“, schmunzelt er. „Aber dann einigten sich die Parteien und gingen auch gleich Geschäftsbeziehungen ein.“ Vater Friedrich versorgte den Dom mit seinen Kerzen, und alle waren zufrieden.

Erste Werke: Erbauliche Sprüche und Anatomisches

Vom St. Nikolai spaziere ich weiter zur Universität, einer der ältesten Hochschulen Mitteleuropas. Mit ihrer spätbarocken, weißen Fassade setzt sie einen hübschen Kontrapunkt zum dunkelroten Backsteincharme der Hansestadt. Man kann sich gut vorstellen, dass hier auf der Domstraße auch der junge Friedrich schon auf- und ablief, die Zeichenmappe unter dem Arm. Denn als Jugendlicher, als sein Talent ersichtlich wurde, bekam er Zeichenunterricht vom Universitätsbaumeister Quistorp – keine Selbstverständlichkeit in einer Handwerkerfamilie. Einige seiner ersten Zeichnungen werden heute im Pommerschen Landesmuseum aufbewahrt. Es sind zwischen 20 und 30 Skizzen. Angefangen hat der junge Caspar David mit erbaulichen Sprüchen in Kalligrafie, dann ging er zu Anatomischem über, zeichnete Augen, Hände, Köpfe und Arme. Auch erste Studien zu Schiffen und Segeln hat er in dieser Phase betrieben. Richtig berühmt dagegen wurde ein späteres Aquarell, das heute in einem kleinen Raum im Pommerschen Landesmuseum ausgestellt ist – es heißt „Greifswalder Markt“. Ich staune: Es ist genau der Marktplatz, über den ich vorher spaziert bin. Die Giebelhäuser, das Rathaus, die plaudernden Bürger und Bürgerinnen – praktisch unverändert. Nur die Gehröcke und Pferdekutschen haben Jeans und Fahrrädern Platz gemacht. Und die Menschen, die heute über den Platz spazieren, sind vermutlich nicht mit Caspar David Friedrich verwandt. Das ist im Gemälde anders – auf diesem hat der Maler drei seiner Brüder und deren Familien portraitiert.

vom Wohnhaus der Familie Friedrich entfernt liegt die Universität., © TMV/Tiemann
Einige von Caspar David Friedrichs Jugendzeichnungen werden im Pommerschen Landesmuseum aufbewahrt., © TMV/Tiemann
von Familie Friedrich, © TMV/Tiemann

Mit schönster Friedrich'scher Wolkendramatik, © TMV/Gänsicke

Friedrichs Liebe zu großen Schiffen

„Greifswald ist das größte Freilichtmuseum zu Caspar David Friedrich“, erzählt mir später Anett Hauswald, die Leiterin des städtischen Kulturamts, „und ein Ort, an dem sich Authentisches und Aura vermischen“. Echtes und Atmosphäre also. Das teste ich gleich mal am Greifswalder Museumshafen, wo die Masten der Segelboote sehr authentisch in den Himmel wachsen, gleichzeitig aber eine ähnliche Atmosphäre erzeugen wie in Friedrichs Gemälde „Greifswalder Hafen“ mit den Bootsmasten vor der Greifswalder Stadtsilhouette. Schiffe waren Friedrichs Leidenschaft. „Das Schönste, was je Menschenwitz hervorgebracht: Schiffe mit schwellenden Segeln die immer bewegliche Fläche (des Meeres) durchkreuzen”, hat er einmal schriftlich festgehalten.

Zum Ausklang meines Rundgangs durch das Greifswalder „Freilichtmuseum“ wandere ich ein Stück über den Treidelpfad, der am Flüsschen Ryck entlang aus der Stadt hinaus zum Greifswalder Bodden führt. Auch ihn hat Friedrich gemalt. Nur, dass er heute eher selten als Treidelpfad genutzt wird, sondern hauptsächlich als Rad- und Spazierweg. Und dass auf dem Wasser unter anderem Kanufahrer*innen und Ruderer*innen trainieren. Doch eines steht fest: Auch nach fast 250 Jahren ist Caspar David Friedrich in Greifswald lebendig wie nirgendwo sonst.

Mehr zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich und zur Jahresfeier findet Ihr unter greifswald.de.

wurde Caspar David im Dom von Greifswald getauft – so ist es im Taufbuch eingetragen., © TMV/Tiemann
wurde Caspar David im Dom von Greifswald getauft – so ist es im Taufbuch eingetragen.
der Uferweg zwischen Hafen und Meer, © TMV/Tiemann
der Uferweg zwischen Hafen und Meer

Geburtsort und Ausflugsziele

zu Caspar David Friedrich

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8 Ergebnisse

Auf dem Museumsvorplatz beginnen die „250 Schritte zu Caspar David Friedrich“, © Pommersches Landesmuseum / André Gschweng

Pommersches Landesmuseum

  • Heute geöffnet
  • Rakower Str., 17489 Greifswald

Geschichte und Kunst erwartet euch im Pommerschen Landesmuseum – in einem preisgekrönten Bauensemble, das in imposanter Weise gotische, klassizistische und zeitgenössische Architektur miteinander verbindet. Ganz aktuell: Die drei Sonderausstellungen zum berühmten Sohn Greifswalds, dem Romantiker Caspar David Friedrich.

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Dom St. Nikolai Greifswald

  • Domstraße, 17489 Greifswald

Der Greifswalder Dom gehört zu den schönsten Sakralbauten Norddeutschlands. Er überragt mit seinem 100 m hohen Turm die Hansestadt Greifswald. Von seiner Turmgalerie aus hat man einen eindrucksvollen Ausblick bis hin zur Insel Rügen.

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Caspar-David-Friedrich-Zentrum

  • Heute geöffnet
  • Lange Straße, 17489 Greifswald

Das Caspar-David-Friedrich-Zentrum, 2004 in der historischen Seifensiederei eröffnet und 2011 auf das gesamte ehemalige Wohn- und Geschäftshaus der Familie Friedrich erweitert, erinnert an den großen Maler und größten Sohn der Stadt Greifswald. Es ist zugleich Museum, Dokumentations- und Forschungsstätte. An diesem Ort wurde Caspar David Friedrich am 5. September 1774 geboren.

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© Gudrun Koch

Kirche St. Marien Greifswald

  • Brüggstraße, 17489 Greifswald

Die Kirche St. Marien ist eine Pfarrkirche inmitten der Greifswalder Altstadt. Die Kirche St. Marien kann nach dem Sonntagsgottesdienst bis 13.00 Uhr besichtigt werden. In den Monaten Juni, Juli und August gelten folgende Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr sowie Samstag 11 bis 15 Uhr. Für Kirchenführungen kann man sich im Kirchen-Büro oder in der Kirche anmelden.

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Die Universität Greifswald mit dem Rubenowdenkmal., © Gudrun Koch

Universität Greifswald

  • Domstraße, 17489 Greifswald

Die Universität Greifswald zählt zu den ältesten Universitäten Europas. Besonders das barocke Hauptgebäude mit den alten Fakultäten inmitten der Altstadt ist ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen.

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Museumshafen Greifswald

  • Heute geöffnet
  • Hafenstraße, 17489 Greifswald

Gaffelketsch und Schoner, Seequatze und Rammschiff, Kreuzer und Kragejolle - etwa 45 alte Schiffe prägen das Bild des Museumshafens in Greifswald, der 1991 nach dem Vorbild der Museumshäfen in Flensburg und Hamburg gegründet wurde. Damit reagierten die Hansestädter auf das gestiegene Interesse an historischen Schiffen und traditioneller Seemannschaft.

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Klosterruine Eldena

  • Jederzeit frei zugänglich
  • Wolgaster Landstraße, 17493 Greifswald

Die Klosterruine mit der Parkanlage ist ein beliebtes Ausflugsziel der Greifswalder und ihrer Gäste. Die Klosterruine ist gleichzeitig der Start- und Zielpunkt zum Themenradweg "Route der Norddeutschen Romantik", die Stationen und Leben der Norddeutschen Romantiker Vorpommerns.

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Marktplatz der Universität- und Hansestadt Greifswald

  • Jederzeit frei zugänglich
  • Markt, 17489 Greifswald

Mit der Gründung des Klosters Hilda begann auch der Werdegang der Stadt Greifswald. 1248 wurde der Ort urkundlich erstmals erwähnt, 1250 erhielt dieser das Stadtrecht. Der Markt ist das Herzstück der historischen Altstadt. Caspar David Friedrich malte den Marktplatz mit der Ansicht der Ratsapotheke und einem Teil des Rathauses als Aquarell - zu sehen im Pommerschen Landesmuseum.

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Auf dem Museumsvorplatz beginnen die „250 Schritte zu Caspar David Friedrich“, © Pommersches Landesmuseum / André Gschweng

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  • Brüggstraße, 17489 Greifswald

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Die Universität Greifswald mit dem Rubenowdenkmal., © Gudrun Koch

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  • Jederzeit frei zugänglich
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