Aktivurlaub mit norddeutscher Romantik

Die Route der Norddeutschen Romantik wird ihrem Namen gerecht. Auf mehreren Ebenen. Sie ist pittoresk, sie ist kulturell bedeutend und sie ist perfekt für eine Radtour. Ein Aktivurlaub-Träumchen zwischen Greifswald und Wolgast.

Autor*in: Konrad Bender
Veröffentlicht: 1. Oktober 2024

An zentralen Orten der Route finden Frauke und Wolf Informationen zu den Malern und der Region., © TMV/Gross

Autor*in: Konrad Bender
Veröffentlicht: 1. Oktober 2024

Die ruhige Ostsee unter einem weiten, wolkenlosen Himmel, einige kleinere Boote im Hafen vertäut, Hafenarbeiter löschen die Ladung eines Segelschiffs. So sah der Romantik-Maler Philipp Otto Runge Anfang des 19. Jahrhunderts die Peene in Wolgast, festgehalten in seinem Werk „Landschaft an der Peene“. Heute geht es in der Hafenstadt zwar weitaus geschäftiger zu. Doch die Atmosphäre, die damals Runge ebenso wie seine Zeitgenossen und Freunde Caspar David Friedrich und Friedrich August von Klinkowström faszinierte, ist immer noch greif- und erfahrbar - Kunst in Mecklenburg-Vorpommern.

Wolgast mag sich in den letzten Jahrhunderten verändert haben. Doch der Geist der Romantik ist noch zu spüren., © TMV/Gross

Wolgast

in Vorpommern

Auch Frauke und Wolf sind von der Welt, wie die Romantik-Maler sie sahen, fasziniert. Das Ehepaar feierte 2018 - anlässlich des 200. Jubiläums der Hochzeitsreise von Caspar David Friedrich und seiner Gemahlin nach Rügen - seine Hochzeit auf der alten Aussichtsplattform am Königsstuhl auf Rügen. Ist noch mehr Romantik möglich? Das wollen die beiden nun auf der 54 Kilometer langen Route der Norddeutschen Romantik von Wolgast über Greifswald bis nach Stahlbrode herausfinden – und dabei die bildgewordenen Fußspuren der berühmten Maler verfolgen. Oder besser gesagt, Reifenspuren. Frauke und Wolf schwingen sich nämlich auf den Fahrradsattel.

Im Blick des Malers

Den Startpunkt bildet der bildhübsche Wolgaster Marktplatz, der von den vielen bunten Fassaden rundherum und dem weiß getünchten Rathaus geprägt wird. Im strahlenden Sonnenschein muss man sich beinahe die Hand vor die Augen halten. Von hier ist es nicht weit bis in den Stadthafen, den ja bereits Philipp Otto Runge bildlich festgehalten hat. Über den Maler informiert dessen Geburtshaus in der historischen Altstadt. Heute beherbergt das Gebäude das Museum Rungehaus, das einen Einblick in die Zeit der Romantik gewährt.

Jetzt aber los zur nächsten Station. Die beiden schwingen sich auf die Räder. Helm auf, Gepäck verzurrt, los geht’s. Die Route führt entlang des Ostseeküsten-Radwegs und folgt damit, der Name verrät es, dem malerischen, vorpommerschen Küstenverlauf. Das verschlafene Fischerdorf Freest, in dem Caspar David Friedrich auf seiner Hochzeitsreise mit Caroline Bommer 1818 Halt machte, lassen die Aktivurlauber heute aus. Dafür freuen sie sich umso mehr auf eine leckere Stärkung im Seebad Lubmin.

Vom weitläufigen Sandstrand in dem gemütlichen Kurort hat man einen unverbauten und unvergesslichen Blick auf das gegenüberliegende Rügen.Und vor allem auf die vorgelagerte Insel Vilm aber auch auf die sanfte Hügellandschaft der Halbinel Mönchgut im Süden Rügens, die auch der Maler auf seinen Rügenreisen wandernd erkundet hat. „Jetzt würde Caspar David Friedrich auf uns schauen“, bemerkt Frauke plötzlich. Und tatsächlich: Von der Insel aus hat der Romantiker 1801 die unvergleichliche Ansicht aufs Festland auf die Leinwand gebannt. „Blick von der Südküste Rügens” von 1801 heißt das Kulturgut.

Modell stehen für weltbekannte Künstler macht hungrig, und deswegen kehren sie nun im kleinen Bistro “Alte Wetterstation” direkt an der Küste ein. Nach einem ersten erfrischenden Pils serviert die Inhaberin einen krossen Flammkuchen für Frauke und hausgemachte Pasta für Wolf. „Für ein bisschen ‚Dolce Vita‘ an der Ostsee“, fügt sie augenzwinkernd hinzu. Das süße Leben lässt sich so auf jeden Fall in vollen Zügen genießen.

Nur ein kleines Stück weiter entdecken die Urlauber einen beinahe unberührten Strandabschnitt. Erst wenn man sich durch den küstennahen Bewuchs gewagt hat, entdeckt man dieses wildromantische Fleckchen, an dem sich die Ostsee an einigen Findlingen am Strand abarbeitet. „Sieh mal, eine Schaukel“, ruft Frauke ihrem Mann überrascht zu. Klar, dass hier eine kurze Pause eingelegt wird und die Holzschaukel ausprobiert werden muss. Wann hat man schon so eine Gelegenheit?

Der Marktplatz in Wolgast wird vom strahlend-weißen Rathaus geprägt., © TMV/Gross
Kilometerlang zeichnet die Route den Küstenverlauf der Ostsee nach., © TMV/Gross
Wer radelt, braucht auch Stärkung. Und zwar mit Panorama., © TMV/Gross
Die Route der Norddeutschen Romantik hält auch unerwartete Highlights bereit., © TMV/Gross
Geschichte hautnah: In Schloss Ludwigsburg machen Frauke und Wolf sich über das malende Trio schlau., © TMV/Gross

Ein Schloss im Dornröschenschlaf

Mit frischer Energie radelt das Hochzeitspaar weiter die Küste entlang. An der Küste gegenüber von Greifswald liegt Schloss Ludwigsburg. Wenn man dann durch den hölzernen Torbogen des Geländes fährt und gleichsam in eine andere Zeit hinein, erhebt sich imposant das dreigeschossige Schloss. Einst als Rückzugsort für die pommersche Herzogengemahlin Sophia Hedwig errichtet, liegt das Bauwerk heute wie in einem Dornröschenschlaf, umgeben von einem ebenso verwunschen anmutenden Schlossgarten. Einige Fenster des Gebäudes sind sogar mit Brettern vernagelt, die Fassade ist an manchen Stellen abgebröckelt.

Doch davon lassen sich die Kulturfans nicht abschrecken, ganz im Gegenteil. Denn im Inneren von Schloss Ludwigsburg wartet ein unvergleichlicher Querschnitt durch seine Baugeschichte. Wortwörtlich. Unter aufgebrochenem Parkettboden lugt steinernes Gewölbe hervor, abgestützte Stuckdecken warten auf ihre Instandsetzung. Im Laufe der Jahrhunderte haben die wechselnden Schlossherren die Räume immer wieder überbaut, umgestaltet, neu gezogen. Im Zuge der stattfindenden Sanierungsarbeiten werden die verschiedenen Räume nun in einen der Zustände versetzt, der ihnen in den vielen Epochen Schlossgeschichte zugedacht war.

Heimstatt der Romantik

Das herrschaftliche Gemäuer war einst im Besitz des pommerschen Adelsgeschlechts Klinkowström, dem auch der Romantik-Maler Friedrich August entstammte. Mit Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge verband den kreativen Adelsspross nicht nur die Liebe zur Malerei und zur ungezähmten Natur der Ostseeküste, sondern auch eine tiefe Freundschaft. Und auch wenn sich das Trio vielleicht nie gleichzeitig in Ludwigsburg aufgehalten haben mag, sieht man hier doch das Wesen der norddeutschen Romantik wie unter einem Brennglas.

„Was machen denn die drei Teegestecke hier?“, wundert sich Wolf. Mitten in einem Raum des Obergeschosses steht ein kleiner Tisch mit drei verzierten Teetassen aus Porzellan, gepaart mit einer passenden Kanne und einer Zuckerdose. Hat das Hochzeitspaar etwa die Restauratoren beim Nachmittagstee überrascht? Weit gefehlt. Die Tassen stehen vielmehr für die drei Romantiker Friedrich, Runge und Klinkowström. Die kleine Ausstellung gibt Aufschluss über die Beziehung der Ausnahmetalente und hält Wissenswertes über die Schlossgeschichte bereit.

Die Backsteinruine Eldena wirkt wie ein Portal in die Vergangenheit., © TMV/Gross

Backstein, wohin das Auge blickt

Doch nun wieder raus an die frische Küstenluft und auf den treuen Drahtesel, der letzte Streckenabschnitt steht an. Frauke und Wolf radeln entlang der Dänischen Wiek – so heißt die Ostseebucht, in die die Ryck bei Greifswald mündet – bis zur mittelalterlichen Klosterruine Eldena. Dieser stumme Zeuge erhebt sich am Rande der altehrwürdigen Hansestadt und lässt Besucher in die Vergangenheit schreiten. Als Erstes fallen die noch heute kraftvoll roten Backsteine ins Auge, wie sie für die Architektur an der Ostseeküste so typisch sind. Durch das intensive Grün, das die Bäume auf dem zum Park ausgebauten Gelände selbstbewusst auftragen, ergibt sich ein intensiver, faszinierender Farbkontrast, in dem man sich verlieren möchte.

Ohne jeden Zweifel ist ein Teil der Klosterruine der absolute Publikumsmagnet: das imposante Westwerk. Wolf muss den Kopf ganz schön in die Höhe strecken, als die beiden durch das nach dem Himmel greifende Portal schreiten. „Die Ansicht hat Caspar David Friedrich doch auch verwendet“, fällt es dem Kulturkenner auf. Tatsächlich brachte der norddeutsche Maler das unverkennbare Portal gleich in mehreren seiner Werke unter – und ließ sich bei der Gestaltung der Umgebung gerne etwas Freiheit. Im romantisch-mysteriösen „Eldena im Riesengebirge“ wird das Westwerk kurzerhand ins heutige Tschechien versetzt. Es sei ihm nachgesehen, schließlich ist dadurch Kunst für die Jahrhunderte entstanden.

Nächster Halt: Rügen

Reich gefüllt mit Eindrücken und Einblicken in die Zeit der Romantik beschließen die Aktivurlauber, sich auch körperlich noch einmal richtig auszupowern. Sie fahren einen letzten Abschnitt an der Küste entlang bis zum Rügen-Anleger in Stahlbrode.  Gefühlt könnte man von hier auf die vielleicht schönste Ostseeinsel springen, so schmal nur ist der Meeresarm, der Rügen vom Festland trennt. Passend zum anstehenden Caspar David Friedrich Jubiläum 2024 - dem 250. Geburtstages des Malers - wird die Route der Norddeutschen Romantik bis zum Kap Arkona auf Rügen verlängert und damit weitere Inspirationsorte wie die Kreideküste mit dem Nationalpark-Zentrum Königsstuhl  integriert. Frauke und Wolf allerdings setzen sich lieber auf die Kaimauer und genießen wohlverdient den wärmenden Sonnenuntergang über Insel und Ostsee. Das ist schließlich auch eine Art norddeutscher Romantik.

In Zukunft führt die Route vom Fähranleger in Stahlbrode weiter bis nach Rügen., © TMV/Gross
Romantischer als ein Sonnenuntergang am Ostseeufer wird es wohl kaum., © TMV/Gross

Die Klosterruine Eldena war das Lieblingsmotiv Caspar David Friedrichs, © TMV/pocha.de

Route der Norddeutschen Romantik

  • Länge: 293 km
  • Etappen: 7

Die Route der Norddeutschen Romantik verbindet von Wolgast über die Hansestädte Greifswald und Stralsund bis zum Kap Arkona auf Rügen Orte der Kunst und Literatur der Romantik mit einem intensiven Naturerlebnis entlang der Vorpommerschen Küste.

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Weitere romantische Ausflugsziele

in Vorpommern mit Kunst

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Außenansicht Schloss Ludwigsburg, © TMV/Tiemann

Schloss Ludwigsburg

  • Schlosshof, 17509 Ludwigsburg

Das Renaissanceschloss Ludwigsburg wurde 1577 - 1592 als Witwensitz für Hedwig Sophie von Pommern-Wolgast errichtet. Nach ihrem Tod 1631 wechselte das Schloss mehrfach den Besitzer, bis es 1810 an den Greifswalder Kaufmann Weissenborn veräußert wurde.

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© Gudrun Koch

Klosterruine Eldena

  • Jederzeit frei zugänglich
  • Wolgaster Landstraße, 17493 Greifswald

Die Klosterruine mit der Parkanlage ist ein beliebtes Ausflugsziel der Greifswalder und ihrer Gäste. Die Klosterruine ist gleichzeitig der Start- und Zielpunkt zum Themenradweg "Route der Norddeutschen Romantik", die Stationen und Leben der Norddeutschen Romantiker Vorpommerns.

Weiterlesen: "Klosterruine Eldena"
© Philipp Schulz

Hafen Stahlbrode

  • Jederzeit frei zugänglich
  • Dorfstraße, 18519 Stahlbrode

Der Hafen Stahlbrode liegt am Westufer des Strelasundes. Zum Hafen gehören zwei Hafenbecken mit über 60 Liegeplätzen. Die Anlagen des Nordhafens wurden 1997 modernisiert. Eine Autofähre verbindet das Festland mit der Insel Rügen (Fähre Stahlbrode - Glewitz).

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© TVV-Bock

Seebrücke Lubmin

  • Waldstraße, 17509 Lubmin

Das Seebad Lubmin mit seiner 350 m langen Seebrücke, einem weiten kinderfreundlichen Sandstrand und malerischen, urigen Kiefernwäldern bietet Ruhe und Natur sowie ideale Bedingungen für einen Familienurlaub.

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Gesamtansicht der Schlossinsel Wolgast, © Baltzer

Schlossinsel Wolgast

  • Bogislavstraße, 17438 Wolgast

Einstiger Standort des Herzogsschlosses.

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Die Klosterruine Eldena war das Lieblingsmotiv Caspar David Friedrichs, © TMV/pocha.de

Route der Norddeutschen Romantik

  • Länge: 293 km
  • Etappen: 7

Die Route der Norddeutschen Romantik verbindet von Wolgast über die Hansestädte Greifswald und Stralsund bis zum Kap Arkona auf Rügen Orte der Kunst und Literatur der Romantik mit einem intensiven Naturerlebnis entlang der Vorpommerschen Küste.

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